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„Frauen müssen immer noch beweisen, dass sie es genauso gut können wie Männer.“

Interview mit Brauerin Karolin von FLENS.

Artikelzusammenfassung
Seit 11 Jahren arbeitet Karolin bei FLENS. Wir schnacken über die Rolle der Frau in der Branche & Schwierigkeiten der Work-Life-Balance als Brauerin.
Die Brauerinnen Karolin & Lisa von FLENS stehen Rücken an Rücken im Gärkeller.

Wir haben vor einiger Zeit zwei unserer Brauerinnen interviewt, um von ihnen zu erfahren, wie sie selbst ihren Beruf wahrnehmen. Heute stellen wir vor:

Karolin, 41 Jahre: Seit 2013 bei FLENS.

Die Brauerinnen Karolin & Lisa von FLENS vor der pink und blau beleuchteten Entalkoholisierungsanlage.

Links Karolin, rechts Lisa.

Wie kamst Du zu Deinem jetzigen Beruf?
Karolin: Ich komme ursprünglich aus der naturwissenschaftlichen Ecke und habe Biologie bzw. biologische Ozeanographie studiert. Langfristig wollte ich aber weniger Wissenschaft und mehr Praxis in meinem Berufsalltag haben.

Mein Schwerpunkt im Studium war die ökologische Aquakultur, man kann also sagen, dass ich schon immer gerne mit Produkten gearbeitet habe, die mir auch gut schmecken! Das Bierbrauen ist für mich die perfekte Kombination aus naturwissenschaftlichem und handwerklich-technischem Arbeiten, bei dem am Ende auch noch ein leckeres Produkt entsteht.
Was fasziniert Dich am Beruf als Brauerin?
Karolin: Für mich ist es die große Vielfältigkeit, die dieser Beruf bietet: Man hat so viele Möglichkeiten, sich zu entwickeln und seine eigene Nische zu finden; von der Handwerksbrauerei bis hin zur Brauingenieurin ist alles möglich.
Wie wird Dein Beruf von Familie und vom Freundeskreis wahrgenommen?
Karolin: Der Beruf weckt häufig großes Interesse und oft kommt recht schnell die Frage nach unserer „Frauenquote“ auf. Das zeigt, finde ich, recht deutlich, dass Bierbrauen in der Gesellschaft immer noch als ein typisch männlicher Beruf wahrgenommen wird! Trotzdem spüre ich in meinem Umfeld vor allen Dingen Interesse und kaum Vorbehalte.

Das habe ich aber auch schon anders erlebt: Bei meinen Bewerbungsgesprächen in Süddeutschland wurde ich in allen Gesprächen sofort auf mein Geschlecht angesprochen. Ungefähr in der Art: „Ihre Bewerbungsunterlagen sind super, Sie können sofort bei uns anfangen – aber als Brauerin? Sie als Frau? Wir hätten noch eine schöne Stelle im Labor frei – das wäre doch vielleicht eher was für Sie?!“

Das hat mich schon sehr irritiert!
Was waren die konkreten Vorbehalte?
Karolin: Es sind schon mal Dinge wie: "Der Beruf ist körperlich zu anstrengend für Frauen, zu technisch, und außerdem trinken Frauen doch gar kein Bier."

Der Begriff „Frauen-Bier“ für leichte, hopfenarme Biere oder gar Biermischgetränke ärgert mich ehrlich gesagt immer ziemlich.

Aber grundsätzlich steckt hinter all den widerlegbaren Vorbehalten vielleicht die Sorge, dass Frauen das Bierbrauen (als männliches und Identität-stiftendes Berufsbild) den Männern "wegnehmen" könnten. Geht man in der Geschichte zurück, war Brauen Frauensache, vielleicht sollten wir hier also mal einen Artikel schreiben „Männer in Frauenberufen“ …

An dieser Stelle empfehlen wir zwei weitere Artikel aus unserem Blog, wenn Dich die Historie vom Thema “Bier & Frauen” mehr interessiert:

Karolin: Aber um noch mal zu meiner Arbeit bei FLENS zu kommen: Mein Vorstellungsgespräch hier war tatsächlich das einzige, in welchem ich nicht auf mein Geschlecht angesprochen wurde. Und eine Woche später habe ich hier angefangen – zunächst im Labor – aber das ist eine andere Geschichte!
Die Brauerinnen Karolin & Lisa von FLENS vor der pink und blau beleuchteten Entalkoholisierungsanlage.
Die Brauerinnen Karolin & Lisa von FLENS im Gärkeller.
Die Brauerinnen Karolin & Lisa von FLENS vor der pink und blau beleuchteten Entalkoholisierungsanlage.
Glaubst Du, dass sich die Akzeptanz von Frauen in der Bierbranche in den letzten Jahren verbessert hat?
Karolin: Ja, auf jeden Fall! Bei uns in der Brauerei, wie in vielen anderen Betrieben deutschlandweit auch, findet ein Generationswechsel statt. Für die meisten Brauerinnen und Brauer, die heut nachkommen, ist das Geschlechter-Thema, glaube ich, schon deutlich weniger präsent.

Die Brauer-Generation, die aktuell in den Ruhestand geht, hat zu ihrer Anfangszeit noch einen vollkommen anderen Brau-Alltag kennengelernt und erlebt. Das Berufsbild war viel härter und der Ton viel rauer – das können wir späteren Generationen in der Brauerei, Frauen und Männer, uns kaum noch vorstellen.
Also geht es in die richtige Richtung?
Karolin: Ich glaube, Frauen müssen immer noch beweisen, dass sie es genauso gut können wie Männer. Das wird nicht als selbstverständlich vorausgesetzt.

Wenn ein männlicher Azubi kommt und der performt nicht ordentlich, dann kriegt der das einfach "nicht gebacken“. Wenn es eine Frau nicht hinkriegt, liegt es daran, dass sie eine Frau ist und ihre „Eignung“ wird viel grundsätzlicher infrage gestellt. Das ist jedenfalls oft mein Eindruck.
Wie kann man die Branche noch attraktiver für Frauen gestalten?
Karolin: Die Arbeit in einer Brauerei lässt sich mit dem Schichtbetrieb nur sehr schwer mit der Familie vereinbaren. Wenn man ein Kind bekommt und keinen Partner oder Partnerin hat, die das kompensieren kann, wird es richtig schwierig. Da haben Brauereien noch Nachholbedarf, um für diese Situation kreative und produktive Lösungen und Arbeitsmodelle zu entwickeln.

Seit der Rückkehr aus meiner Elternzeit arbeite ich unabhängig vom Schichtrhythmus. Die Brauerei und ich haben hier gemeinsam eine gute Lösung gefunden.
Wie sieht Dein Arbeitsalltag heute aus?
Karolin: Heute beschäftige ich mich vor allen Dingen mit der Prozessoptimierung. Das bedeutet, dass ich mir in der Produktion jeden einzelnen Prozessschritt zwischen Sudhaus und Abfüllung genau anschaue und so optimiere, dass möglichst wenig Produktverluste entstehen und wir unseren Wasser- und Energieverbrauch so weit reduzieren wie nur möglich.

Das ist nicht nur ökologisch, sondern auch wirtschaftlich sinnvoll. So werden wir als Brauerei jeden Tag ein bisschen nachhaltiger.
Was wünschst Du Dir für die Zukunft Deines Berufes?
Das Ziel des Wandlungsprozesses sollte sein, dass wir über Geschlechter gar nicht mehr reden müssen. Dass wir dieses Gespräch wie heute gar nicht mehr führen müssen, weil es einfach kein Thema mehr ist, das wäre mein Wunsch.

So weit sind wir noch nicht, aber es wird schon besser. Mit der reinen Tatsache, eine BrauerIN zu sein, beeindruckt man heute zumindest schon mal keinen mehr.

Wir bedanken uns ganz herzlich für das Interview mit Dir, liebe Karolin!

Brauerin Lisa von FLENS tauscht ein Leitungsstück an der Anlage im Gärkeller aus.

Und hier kommst Du zum anderen Interview mit unserer Brauerin Lisa:

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